Gropius Bau

Voices of Dissent: Art in the GDR 1976-1989

16 Jul - 26 Sep 2016

Cornelia Schleime: Aus einem Soll-und-Haben-Bildtagebuch, 1982

Collage unter Verwendung eines S/W-Fotos von Gabriele Stötzer (Foto Selbstinszenierung Cornelia Schleime mit Geschenkband), 42 x 30 cm

Courtesy the artist © Bernd Borchert, Berlin
Ausgangspunkt der Ausstellung ist das Jahr 1976, das Jahr der Ausbürgerung des
Liedermachers Wolf Biermann durch die DDR-Staatsführung. Es hat zu einer einmaligen
Politisierung von Künstlern und Kulturschaffenden geführt. Fortan riss die Kritik an der DDRStaatsführung
nicht mehr ab. Die Opposition organisierte sich. Und im Schatten dieser
Entwicklung blühte eine dissidentische Kultur. Im Jahr 2016 jährt sich dieses Ereignis zum 40.
Mal.
Die Ausstellung Gegenstimmen beleuchtet das vielseitige Schaffen von kritischen und nichtstaatstragenden
Künstlern in der DDR. In unterschiedlichen Sparten (Malerei, Skulptur,
Installation, Fotografie, Plakat und Buchobjekt) wird die Wechselwirkung zwischen „Geist“
(künstlerischer Freiheit) und „Macht“ (repressivem Regime) aufgespürt und gezeigt, wie
unterschiedlich Künstler aus der ehemaligen DDR ihrer eigenen Haltung und System-Absage
im künstlerischen Werk Ausdruck gaben. Die präsentierten Exponate laden zur Spurensuche in
die 1970er- und 1980er-Jahre ein. Gleichzeitig forscht die Ausstellung nach dem
bildkünstlerischen Ausdruck von Distanz, Privatisierung, Rückzug als Teil des genetischen
Codes, auch der ästhetischen DDR-Gegenöffentlichkeit. In der westdeutschen
Museumslandschaft der 1990er- und 2000er-Jahre ist Kunst mit DDR-Bezug – eine Kunst, die
gänzlich quer zu Erfolgskriterien und Marktmaßstäben entstanden ist und eine singuläre
kunsthistorische Situation spiegelt – kaum vertreten. Diese Lücke will die Ausstellung schließen.
Vielfach wird der Fall der Berliner Mauer als performatives Ergebnis der Maulwurfsarbeit der
Künstler der DDR gesehen. Dem kann nicht zugestimmt werden. Der Anteil der Künstler ist
nicht zu leugnen, jedoch hielt sich revolutionärer Eifer in Grenzen. Kunst reagiert nicht
kurzschlüssig auf historische Ereignisse. Trotzdem haben Künstler ihre Möglichkeit, auch wenn
diese beschränkt waren, genutzt: Gefühle aufzuladen und Einstellungen zu provozieren. So
entstand durch künstlerische Positionen, die ideologische Vorgaben ignorierten und auf die der
Begriff vom Sozialistischen Realismus nicht passte, ein vielzelliges, vitales, angstlos agierendes
Netzwerk selbstbewusster Individuen.